LES HUMPHRIES SINGERS REUNION - Nienburg, 26.09.2009

Veröffentlicht auf von Ralf Schünemann

Konzertreview von Ralf Schünemann


Endlich waren die Les Humphries Singers mit einem Live-Auftritt in meiner Nähe. Und diesmal mit einem kompletten Showblock. Bisher hatte ich sie immer nur bei Kurzauftritten erlebt.

Am frühen Nachmittag des 26. September traf Elke in Burgdorf ein. Sie war mit der Bahn aus Münster angereist. Etwas später fuhren Gero und Rosi aus Buchholz mit dem Auto bei mir vor. Alle hatten wir uns erst vor kurzem über das Les Humphries Singers -Forum und beim Sommerfest in Griesheim kennen gelernt. Inzwischen sind wir Freunde... :-)

Es gab ein gemeinsames Kaffeetrinken mit gegenseitigen aktuellen Urlaubsberichten. Und natürlich viel zum Thema Les Humphries Singers. Die gemeinsame Zeit verging viel zu schnell und der Kuchen, besonders die Gemeinschaftsproduktion „Obstkuchen“ von Gero und Rosi, war lecker. Wir mussten uns regelrecht zwingen, diese gemütliche Runde zu beenden. Rosi und Gero waren so nett, uns in ihrem Auto mitzunehmen. So mussten Elke und ich nicht mit der Bahn nach Nienburg fahren.

In Nienburg angekommen fand Gero mit gutem Überblick schnell einen Parkplatz. Wir standen in einer kleinen Straße unmittelbar vor dem abgesperrten Veranstaltungsgelände. Die schöne Nienburger Altstadt war zu einer ansehnlichen Feiermeile umgestaltet worden.

Schnell hatten wir die richtige Bühne gefunden und ich nahm in einer ruhigen Ecke Handy-Kontakt mit Maggie auf. Wir erfuhren so, dass die komplette LHSR-Truppe sich noch im Hotel in Hannover befand. Einen genauen Zeitplan gab es offenbar nicht, so dass wir uns einfach auf gut Glück vor der Bühne verabredeten. Doch dazu kam es leider nicht.

So sicherten wir uns schließlich einen guten Platz ganz vorne. Das war gerade noch rechtzeitig, denn es füllte sich schnell.

Der Bühnenaufbau dauerte sehr lange, so dass der Beginn sich verzögerte. Einige Leute im Publikum wurden ungeduldig und riefen je nach persönlicher Ausrichtung nach Jürgen oder nach den Les Humphries Singers.

Und dann kamen sie endlich. Begleitet von einem stimmungsvollen, aber noch ausbaufähigen Intro. Umjubelt nahmen 10 „bunte“ Personen ihren Platz ein. Es war ein eindrucksvolles Bild. Jürgen machte eine kurze Ansage und los ging es mit Mama Loo. Toll, das kannte offenbar jeder und alle sangen kräftig mit. Es war Stimmung. Mit Mexico folgte sofort der zweite Kracher und hielt diesen tollen Stimmungspegel. We Are Family bewirkte einen guten Übergang in Richtung Gospel. Die Musik kam gut herüber.

Anm.: Leider war der Gesang zeitweise zu leise. Und manchmal klappte offenbar die Umschaltung von einem Mikrofon zum anderen nicht gut. So fehlten hin und wieder die ersten Töne.

Auch hatte ich bereits beim Bühnenaufbau den Eindruck, dass nur das Mikrofon in der Mitte optimal eingestellt war, denn hierfür wurden etwa 90 % der Zeit verwendet... Und es kam mir so vor, dass beim Playback auch die Backings mit vom Band kamen. Als ich später hinter der Bühne stand klang es von den Soundmonitoren her anders. Daran sollte unbedingt noch gearbeitet werden. Das Publikum störte sich aber nicht an diesen Dingen und machte flott mit.


Die Les Humphries Singers Reunion setzt sich wie folgt aus neuen und alten Band-Mitgliedern zusammen: 

1. Die LHS- Originale:

 

Linda Thompson hatte ich bereits beim Sommerfest Ende August in Griesheim getroffen, aber bisher nicht auf der Bühne gesehen. Sie sang nicht nur gut, sie bewegte sich auch erfolgreich gewagt zur schwungvollen Musik. Der Spaß an der Sache war ihr anzusehen. Linda brachte Leben und Sympathie in die Show.

 

Judy Archer hatte wie immer ein souveränes Erscheinungsbild und übernahm auch einige Gesangsparts. Mit ihrem jungen und exotischen Aussehen trug sie ebenfalls ihren entscheidenden und wichtigen Part zum Les Humphries Singers- Feeling bei.

 

Peggy Evers ist ebenfalls von den Singers nicht wegzudenken. Sie passt hervorragend ins Bild und bringt einen speziellen Charme in die Show mit ein. Auch sie ist ein klares Plus für die Les Humphries Singers Reunion.

 

Tina Kemp-Werner hat hier mit ihrer lockeren und humorvollen Art ihren Platz gefunden. Sie ist immer für ein spontanes Späßchen zu haben. Das gefällt. Sie wirkt sicher auf der Bühne und gibt auf ihre eigene Art Sympathie weiter.

 

Jürgen Drews hat die Rolle des Frontmannes übernommen und profitiert von seinem hohen Bekanntheitsgrad. Er hatte eindeutig die meisten Gesangsparts. Aber nicht immer passte seine weiche Stimme zu den jeweiligen Songs.

 

Anm.: Es sollte einmal ernsthaft über die Rolle eines Frontmannes oder Showmoderators nachgedacht werden...

 

2. Die neuen Bandmitglieder:

 

David A. Tobin war in Nienburg aus Termingründen nicht dabei. David kommt u. a. von den Harlem Gospel Singers und ist mit Gospelmusik bestens vertraut. Er hat eine klare kräftige Stimme mit großem Spektrum, bewegt sich gut und strahlt Ruhe aus.

 

Greg Perinneau war in Nienburg als Vertreter für David Tobin dabei. Er ist Gründer und Bandmitglied von Eruption und musikalisch immer noch aktiv. Greg brachte in Nienburg einen hervorragenden Part und glänzte durch sein erstaunlich sicheres Auftreten.

 

Chris Dakota ist seit Anfang 2007 in der Band. Mit seinen langen Haaren und bunter Kleidung (eine Mischung aus Indianer und Hippie) passt er optisch hervorragend ins Bild und stärkt das 70er Jahre Erscheinungsbild. Gesanglich überwiegend im Hintergrund, bringt er eine gute und beständige Leistung. Seine Stärke ist die Kommunikation mit dem Publikum während des Auftrittes. Für mich gibt es keine Les Humphries Singers Reunion ohne Chris Dakota.

 

Willi Meyer ist für mein Empfinden ein Songwriter und Produzent mit eigenem Stil. Auf der Bühne bewegt er sich zu wenig und hat nichts Les Humphries Singers -typisches zu bieten. Auch hat er keine auffällige Stimme.

 

Ich finde, als Produzent des bisher einzigen LHSR- Albums Back In Time sollte er sich auch weiterhin ganz dieser Aufgabe widmen und stattdessen einem anderen Musiker auf der Bühne Platz machen, um z. B. Jürgen einige Leadgesangs- Parts abzunehmen.

 

Jay Jay von Hagen zeigte sich als hervorragender Sänger mit kräftiger Stimme und herrlichen Hüftschwung-Einlagen. Besonders für weibliche Zuschauer interessant...:-) Ansonsten ist er bei guter Leistung ruhig und unauffällig. Und wenn er dann loslegt, macht es richtig Spaß. Er bringt ein gutes Les Humphries Singers- Feeling mit.

 

Laura Maria Babst Ist nett anzusehen und blieb als junge Backgroundsängerin mitten zwischen den Originalen unauffällig. Vermutlich nicht geeignet für Soloparts. Das Outfit hätte farbiger sein können. Ihre Bewegungen passte sie an die anderen an.

 

 Die Songs 


Das Intro. Eindrucksvoll, einfach, ausbaufähig.

Mama Loo war der der gut gewählte Opener, der an dieser Stelle sofort Stimmung brache.

Mexico löste beim Publikum Freude aus. Offenbar noch beliebter als Mama Loo.

We Are Family wurde mit Begeisterung aufgenommen, besonders von den Frauen. Hüftwackeln und Fingerschnipsen war die Folge.

 

Übrigens kommt den Singers hier zugute, dass gerade jetzt „We Are Family“ auch in diversen Werbespots eingesetzt wird. So ist es überall „im Ohr“... und total „in“ ;-)

 

California Dreamin’ setzte die Stimmung des vorigen Songs fort.

Let Me Be Missunderstood wurde zu einer weiteren Steigerung dank Jay Jay. Wer bis dahin zurückhaltend war, bewegte sich spätestens jetzt.

Yes We Can empfand das Publikum als Jürgen Drews-Solo, was es letztlich auch war. Es kam Party-Feeling auf. Viele sangen mit und jubelten ihrem Jürgen zu.

You Can Get It If You Really Want hatte eine Wirkung wie schon die anderen Funky- Songs. Leider war der Gesang zu schwach ausgesteuert

 

Es folgte eine kurze Vorstellung der anwesenden Les Humphries Singers- Originalmitglieder durch Jürgen Drews

 

Kansas City löste alleine durch die Ansage deutlich hörbare Begeisterung aus. Fast alle sangen und machten mit.

 

Dann gab es Informationen zu ehemaligen Singers, die woanders Karriere gemacht haben. (Frage: Warum wird John Lawton, einer der erfolgreichsten Singers, eigentlich totgeschwiegen.? Wer fürchtet seinen Namen...?)

Gleich dazu gab es noch eine kurze und spontane Jürgen-Promotion: „Zicke zacke, zicke zacke, heu, heu, heu“ zum mitgröhlen für alle. Frage: Was hat das mit LHS zu tun...?

 

Aquarius / Let The Sunshine In Dieser-Song aus dem Musical Hair wurde nach gekonnter Ansage mit Hinweisen auf die LHS-Ursprünge umjubelt. Aber auch hier kam der Gesang zu leise.

River Deep Mountain High ist ein freudig begrüßter Evergreen den offenbar jeder dort kannte.

Ein Bett im Kornfeld JD- Promotion Teil 2 … ;-)

 

„…ich bin der König von Mallorca…“ (weitere kurze Spontan-Einlage von Jürgen)

 

Zugaben:

 

Mexico Noch einmal der beliebte Stimmungsmacher, der dankbar angenommen wurde.

Mama Loo setzte die gute Stimmung fort.

Rock My Soul war eine gute Idee. Aber leider mit einem Pianospiel, das kaum Wiedererkennungswert hatte. Trotzdem kam es gut an beim dankbaren und gesangsfreudigen Nienburger Publikum.

Amen folgte ohne Übergang gleich nach Rock My Soul und erfreute die mitmachenden Zuhörer auf’s neue.

 

Letzte Ansagen, Extra-Vorstellung der Backgroundsängerin Laura und Verabschiedung durch Jürgen Drews.

 

Nach dem Auftritt:

 

Zum Beginn des Zugabenblockes sah ich Maggie seitlich an der Bühne stehen. Ich wühlte mich zu ihr durch, was bei der dicht gedrängten Menschmasse und mit Rucksack gar nicht so einfach war... Die  Begrüßung war herzlich... :-)

Wir gingen kurz hinter die Bühne, um etwas mehr Ruhe zum reden zu haben. Der Monitorsound, der hier zu hören war, klang ganz anders. Nicht gerade mitreißend… :-( - Aber zum Glück klang es vorne (mit dem Playback) recht gut. ;-)

Bald war die Show zu ende. Die Singers wirkten angespannt bis abwesend, als sie die Bühnentreppe herunterkamen. Nur Tina, Greg und Chris nahmen Notiz von mir. Chris wirkte zudem als einziger immer noch frisch und nahm sich Zeit zum reden...

Anschließend plauderten wir vor der Bühne noch ein wenig mit Maggie. Sie musste leider bald gehen, da alle Singers und Angehörige gemeinsam zum Hotel nach Hannover gebracht wurden. Wir gingen noch über das Altstadtfest und tauschten unsere Eindrücke aus. Gero und Rosi waren so nett, uns im Auto zum Bahnhof mitzunehmen. So erwischten Elke und ich wie geplant den letzten Zug nach Hannover, wo es dann weiter nach Burgdorf ging.

 

Eine Richtigstellung:

 

Jürgen’s spontane Ansage zu Willi Meyer beruhte offenbar auf falschen bzw. unvollständigen Informationen. Er behauptete, Willi hätte die Les Humphries Singers Reunion zusammengebracht und wir hätten Willi alles zu verdanken. Das ist schlichtweg falsch…!

Richtig ist:

Alles begann 2005 mit dem von Maggie Kunze und Team organisierten und durchgeführten Treffen in Griesheim. Daraus entwickelte sich die Reunion.

Willi Meyer kam meines Wissens 2007 mit seinem Song Boy Try To Run dazu und schlug einige neue Bandmitglieder vor. Er wurde erst danach auf der Bühne eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt existierte die Reunion bereits.

So, das wollte ich mal los werden...

 

Fazit

 

Insgesamt war der Auftritt in Nienburg ein Erfolg für die Singers, denn sie begeisterten das Publikum. Sie haben offenbar immer noch einen großen Namen und eine überzeugende Wirkung. So ähnlich muss es damals gewesen sein, als sie in den 70er Jahren live auf der Bühne standen. Leider habe ich das selber nie erlebt... :-(

Das Potenzial der aktuellen Bandmitglieder 2009 ist überwiegend gut bis sehr gut. Diese sollten jedoch gezielt nach Fähigkeiten eingesetzt werden, was offenbar zur Zeit nicht so richtig funktioniert…

Meiner Meinung nach sollte vor allem Jürgen Drews durch eine Umverteilung der Gesangsparts entlastet werden. Seine recht weiche Stimme ist nicht für alle Songs geeignet.

David Tobin und Jay Jay von Hagen könnten und sollten dagegen verstärkt zum Gesang eingesetzt werden. Es gilt immerhin, solche großen und nicht kopierbaren Sänger wie John Lawton und Jimmy Bilsbury zu ersetzen. Die beiden halte ich für am besten geeignet dazu.

Es sollte ebenfalls eine stimmgewaltige weibliche Person in die Gruppe neu aufgenommen werden. Auch Linda könnte mehr Gesangs-Parts übernehmen. Genau wie bei den Männern müssen auch hier große Stimmen ersetzt werden. Und mindestens eine weitere sichere Backgroundsängerin mit LHS-Bezug wäre wünschenswert. Das könnte den LHS-Effekt gerade bei Live-Auftritten noch verstärken.

Leider war auch das Piano weit von den alten Les Humphries -Qualitäten entfernt. Daran sollte unbedingt noch gearbeitet werden, denn das ist ein Aushängeschild. Les war hier sehr genau bis ins kleinste Detail…

Die Les Humphries Singers sind auf eigene Weise für gute und anspruchsvolle Musik bekannt. Um wieder dorthin zu kommen, müssen sie sich von Partymusik-Flair und dergleichen distanzieren. Das würde zwar zum bekannt werden reichen, aber wird auf Dauer dem Namen Les Humphries Singers nicht gerecht.

Eine angedeutete Jubelspur bei Live-Auftritten (hier sind Improvisationstalente gefragt) würde den unvergleichbaren LHS-Effekt noch weiter erhöhen.

 

Zu guter Letzt frage ich mich woran es liegt, dass nicht alles harmonisch klang. Ich meine, hier müssten dringend neue Playbacks gefertigt werden und mehr eigener Gesang live kommen. Dazu gehört natürlich die Überarbeitung des vorhandenen Materials und mehr Zeit (Organisation und Koordination) für Abmischung, Proben und Abstimmung miteinander …

 

Fest steht: Nienburg war eine Reise wert. Ich freue mich schon auf die nächste Veranstaltung mit den Singers… ;-)

Liebe Grüße

Ralf Schünemann

 

Fotos gibt es noch zu sehen --> HIER



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